Ganz reales Leben

15.02.2025
Lebensraum
Wirtschaft
Alexandra Keller
Karin und Michael Halbfurter sind nicht nur ein ganz wunderbar dynamisches Paar. Mit dem Anbau von Hanf entlocken sie ihren Osttiroler Böden ganz neue Ur-Kräfte und verwandeln sie geschickt in einer bunten Produktvielfalt. „Für mich gibt’s nichts Kreativeres, als Bauer zu sein“, sagt Michael. Und Karin weiß: „Wenn die Freude da ist, geht alles.“

Wie habt ihr euch kennen und lieben gelernt?

Michael: Ich hab’ mich gleich in dich verliebt.
Karin: Aber geh’.
Michael: Doch, sofort – aber es hat einige Versuche gebraucht, bis ich das Herz von Karin erobern konnte, weißt du noch?
Karin: Ja, es hat ein bissl gebraucht. Ich war viel in der Welt unterwegs und habe mir gedacht, mein Leben wird aus Reisen bestehen. Ich dachte, ich habe Flügel und werde überall ein bissl sein – und dann habe ich so einen geerdeten Mann kennengelernt.

Wie lange ist das her?

Karin: Schon lange. Wir sind jetzt 25 Jahre verheiratet und 1995, also vier Jahre vorher, haben wir uns kennengelernt.

Wann denkt ihr euch heute noch – wow, wie toll er/sie doch ist?

Karin: Wenn er so schlagfertig ist. Da muss ich so von Herzen lachen, weil du immer so einen Humor drinnen hast.
Michael: Wirklich…
Karin: … ja, jetzt bin ich gespannt, was du sagst.
Michael: Wenn sie von einer Reise nach Hause kommt. Das wieder kennenlernen – das ist das Schönste.
Karin: Dann muss ich eigentlich öfters fahren.
Michael: Nein, du fährst schon oft genug.

Der Bauer und die Städterin – lebt ihr etwa ein kitschiges Märchen?

Karin: Nein, nein, das ist ein ganz reales Leben mit allen Höhen und Tiefen und Herausforderungen. Märchen klingt so nach heile Welt. Wir haben alles, gell
Michael: Genau so ist es.

Der Bauer und die Städterin – lebt ihr etwa ein kitschiges Märchen?

Karin: Nein, nein, das ist ein ganz reales Leben mit allen Höhen und Tiefen und Herausforderungen. Märchen klingt so nach heile Welt. Wir haben alles, gell
Michael: Genau so ist es.

Man merkt aber sofort, dass ihr euch gern habt…

Karin: …ist das nett, dass du das sagst.

Michael, du bist in der Landwirtschaft verwurzelt. Wie war es, am Bauernhof aufzuwachsen?

Michael: Für mich war es total schön, hier aufzuwachsen. Mit den Tieren, mit der Natur, mit der Arbeit. Von meinem Opa habe ich ganz viel über die Landwirtschaft gelernt. Für mich gibt’s nichts Kreativeres, als Bauer zu sein.

In welchem Sinneszustand habt ihr begonnen, über Hanf nachzudenken?

Karin: Das war ganz spontan. Wir waren bei einem Vortrag in der HTL und Schüler haben Produzenten gesucht für Hanf. Sie haben viel darüber geredet, wie schwierig es ist, den Hanf zu ernten. Irgendwann sagen die Lehrer, so jetzt suchen die Schüler einen Produzenten, einen Bauern, der das übernimmt. Stille im ganzen Saal und Michael sagt, wir machen das.
Michael: Ja, mir taugt’s. Es ist einfach eine neue Herausforderung.

Warum habt ihr die klassische Milchkuh-Haltung aufgeben?

Michael: Mir haben die Ziele gefehlt. Ich war an einem Punkt, wo ich wusste, wenn etwas Neues kommt, gehen wir das an. Dann ist der Hanf gekommen und es war arbeitsmäßig so viel am Hof zu tun, dass wir sagten, wir müssen etwas lassen.
Karin: Die Milch war das, was dir am wenigsten Freude gemacht hat.
Michael: Ja, genau. Die Freue hat gefehlt und dann sagten wir, passt, wir lassen das, lassen wir die Kälber trinken und machen es anders.
Karin: Die Kühe waren ja nie auf der Alm gewesen und zu sehen, wenn sie auf der Alm laufen und so eine Freude haben. Das ist wie ein Kindergarten da draußen.
Michael: Ja, das ist etwas anderes. Bei einer Mutterkuh-Haltung lebt die Kuh ein Märchen auf dem Bauernhof.

Und beim Essen?

Karin: Hanf hat viele Omega 3 und Omega 6-Fettsäuren, ist sehr gesund, vor allem Veganer lieben Hanf. Man kann auch mit Hanfmehl backen. Er hat einen sehr nussigen Geschmack. Das Hanföl ist eine Geschmacksache – manche mögen ihn nicht, manche lieben ihn. Mich freut immer, wenn die Leute kommen und erzählen, was sie mit dem Hanf machen.

Ist es eine Zauberküche, in der ihr mit Hanf experimentiert. Das wurde euch ja nicht in die Wiege gelegt?

Karin: Nein, das wurde es nicht. Meine Mama hat sich immer wieder Sorgen gemacht, was aus mir werden soll, weil mich das Kochen nie so interessiert hat. Aber zwei unserer Kinder hatten Allergien und da habe ich mich sehr mit der Materie auseinandergesetzt und ich habe mich sehr gefreut, als der Hanf gekommen ist. Eine Zauberküche ist es aber nicht. Inzwischen ist es aber so, dass wir das ein bissl getrennt haben. Der Michael macht die ganzen Hanfprodukte, die veredelt er wirklich alleine. Er ist der Zauberkoch.
Michael: Vom Müsli machen bis zum Kekse backen, das hat mir meine Frau hergeschupft.
Karin: Ja, ich bin für die ganzen Seminare und Räuchersachen zuständig und die Betriebsbesichtigungen mache ich. Wir mussten es irgendwann trennen, weil es so viel Reibungspotenzial hatte.

Hanf ist ururalt. Was gibt es Neues zu entdecken?

Michael: Der Hanf ist eine Pflanze, die eine Seele hat. Eine Maispflanze kannst du setzen, sie wächst und dann kannst du ernten. Den Hanf musst du verstehen, den musst du kennen lernen, dann lässt er dich ernten. Sonst wehrt er sich von vorne bis hinten. Das Neue ist das mit der Faser. Die ist zwar immer schon genutzt worden, aber nur händisch. Die Herausforderung für mich ist es, die Faser herauszubringen, dass man die ganze Pflanze nutzen kann. Und das mit einer Maschine. Dass man zu den Landwirten sagen kann, baut Hanf an, es ist möglich, ihn zu ernten.
Karin: Hanf ist als Superfood seit längerer Zeit in aller Munde. Das Neue ist vielleicht, dass man ihn für die schnelle und gesunde Küche überall einsetzen kann. Man kann so viel probieren.
Michael: Der Boden ist ausgelaugt und trocken geworden – da kommt man immer wieder auf die uralten Pflanzen zurück. Der Hanf lockert den Boden schön auf, er braucht nicht so viel Wasser. Vielleicht sind wir irgendwann so weit, dass man Hanf statt Baumwolle hernehmen kann und der Natur oder dem Boden Gutes tut.

 

Schon seit über 25 Jahren ein tolles Team und glücklich mit ihrer Landwirtschaft.

Was mögt ihr lieber – die Berge oder das Meer?

Karin: Ich liebe das Meer, die Weite und das Wilde.
Michael: Ich die Berge. Ich gehe lieber in einen Bergsee, wo ein super Wasser ist, als ins Meer.

Und ihr trefft euch in der Mitte?

Karin: Natürlich. Ich mag die Berge auch gern und er fährt inzwischen auch ganz gern ans Meer.

Was mögt ihr lieber – Spaghetti Carbonara oder Osttiroler Schlipfkrapfen?

Karin: Ich beides. Ich liebe schon beide Welten.
Michael: Ich Schlipfkrapfen.
Karin: Ganz klar.

Welches Osttiroler Dialektwort mögt ihr am liebsten?

Michael: Sauvus. Servus heißt das. Karin ist ja aus der Stadt. Da hat man mehr Hochdeutsch gesprochen.
Karin: Ja, Großstadt Lienz. Aber es stimmt, manchmal verstehe ich sie heute noch nicht. Es gibt Wörter, wo ich echt nachfragen muss.

Welche Urtiroler Eigenschaften stecken in euch?

Karin: Mir kommt da der Andreas Hofer in den Sinn und die Freiheit. Der Michael lässt sich nicht einsperren und keine Regeln geben.
Michael: Ich habe drei Pferde und einen Stier – die sind ganz gleich wie ich, die lassen sich einfach nicht einsperren. Sie brauchen ein bissl den Freilauf und das Pfeffrige.
Karin: Und die Regeln müssen sehr weit gesteckt sein.
Michael: Es gibt keine. Karin kommt eher aus der urtiroler Hexenwelt. Wir sind früher wirklich immer Räuchern gegangen, mit Rosenkranz-Beten und so. Da dachte ich, das kann ich ihr gar nicht antun, dass sie mit uns mitgeht. Und jetzt gehen wir mit ihr mit.

Wieso ist es gerade in Tirol möglich, kreative Landwirtschaft zu betreiben?

Karin: Ich habe das Gefühl, Tirol ist so echt, erdig, ein bissl hart aber die Freiheit ist drinnen. Das ist echt. Darum fühlst du dich auch so wohl hier, gell Michael, ich wüsste nicht, wo anders du leben könntest.
Michael: Ja, ich glaube, wenn man irgendwo angekommen ist und es Spaß macht, dann kannst du es überall. Aber ich weiß schon genau, warum ich mir des Platzl ausgesucht habe, als ich auf die Welt gekommen bin. Ich dachte, da gefällt’s mir und da bleibe ich.

 

Den Hof hat Michael Halbfurter von seinen Eltern übernommen.

Welche Eigenschaften braucht man heutzutage, um eine Landwirtschaft zu betreiben?

Michael: Freude muss man haben, richtige Freude.
Karin: Ja, die Freude brauchst du.
Michael: Das ändert sich auch im Laufe der Zeit. Erst hatte mein Vater mehr Freude mit den Tieren und ich mit den Maschinen. Ich dachte schon, wie das wohl wird, ob ich meine Tochter oder meinen Sohn mit dem Traktor fahren lasse, wo ich es doch so gerne tu. Jetzt ist es so, dass ich froh bin, wenn die Jungen fahren.

Wie alt warst du, als du zum ersten Mal mit dem Traktor gefahren bist – so etwa fünf?

Michael: Ja, so etwa. Mein Vater ist nicht gerne Traktor gefahren, da haben sie gewartet, dass ich komme und fahre. Das passt auch. Sobald die Kinder fahren können, fahren sie auch.

Ihr habt rundrum immer mit Lebewesen zu tun. Ist das auch anstrengend?

Michael: Nein, ich finde das volle schön. Die Tiere reden nicht hintenrum.
Karin: Und du magst, dass sie einen eigenen Kopf haben.
Michael: Ja, und du musst dich bemühen, du musst dich mit ihnen abgeben. So, wie du auf sie zugehst, tun sie auch mit dir.
Karin: Wenn’s mir zu wild wird, dann fängt es bei ihm erst an.
Michael: Was du mit den Kräutern machst, mache ich mit den Tieren.

Wie tankt ihr eure Reserven auf?

Karin: Du gehst leidenschaftlich gerne in die Sauna.
Michael: Ja, aber auch mit den Tieren. Dass ich irgendwo bin und bei ihnen sitze, das schon auch.
Karin: Ich meditiere gerne, brauche ein bissl die Stille und die Zeit mit mir. Und reisen, das tu ich auch gerne.

Warum würdet ihr nie woanders leben wollen?

Karin: Weil wir hier alles haben.
Michael: Weil sie einen guten Mann hat, der da daheim ist, verwurzelt ist und nicht weggehen will – darum willst du nicht woanders leben, gell.
Karin: Ja. Ohne dich wüsste ich nicht, dass ich woanders leben wollte. Wir haben alles – wir haben einen gesunden Boden, eine wunderschöne Natur, Berge, Seen, alles.

Habt ihr ein Lieblingsmotto?

Karin: Dass man lachen kann. Wenn wir keinen Humor mehr haben, wissen wir, dass wir etwas verändern oder eine Pause machen müssen.
Michael: Ich bin, wie ich bin. Die mich kennen, kennen mich die anderen können mich.

Liegt es am Hanf, dass ihr beide so entspannt wirkt?

Michael: Das glaube ich auch. Wenn ich beim Ernten den ganzen Tag mit den Blüten zu tun habe, da bin ich wirklich oft entspannt. Das merke ich schon.
Karin: Ja, auch bei den Kindern. Wenn sie dir helfen, sind sie so müde am Abend.

Hanfprodukte sind im Hofladen ein fester Bestandteil geworden.

Wie tankt ihr eure Reserven auf?

Karin: Du gehst leidenschaftlich gerne in die Sauna.
Michael: Ja, aber auch mit den Tieren. Dass ich irgendwo bin und bei ihnen sitze, das schon auch.
Karin: Ich meditiere gerne, brauche ein bissl die Stille und die Zeit mit mir. Und reisen, das tu ich auch gerne.

Warum würdet ihr nie woanders leben wollen?

Karin: Weil wir hier alles haben.
Michael: Weil sie einen guten Mann hat, der da daheim ist, verwurzelt ist und nicht weggehen will – darum willst du nicht woanders leben, gell.
Karin: Ja. Ohne dich wüsste ich nicht, dass ich woanders leben wollte. Wir haben alles – wir haben einen gesunden Boden, eine wunderschöne Natur, Berge, Seen, alles.

Habt ihr ein Lieblingsmotto?

Karin: Dass man lachen kann. Wenn wir keinen Humor mehr haben, wissen wir, dass wir etwas verändern oder eine Pause machen müssen.
Michael: Ich bin, wie ich bin. Die mich kennen, kennen mich die anderen können mich.

Liegt es am Hanf, dass ihr beide so entspannt wirkt?

Michael: Das glaube ich auch. Wenn ich beim Ernten den ganzen Tag mit den Blüten zu tun habe, da bin ich wirklich oft entspannt. Das merke ich schon.
Karin: Ja, auch bei den Kindern. Wenn sie dir helfen, sind sie so müde am Abend.

Warum hat euer Hanf nichts mit Gras zu tun?

Michael: Tja. Wir bauen ja nur Nutzhanf an und da ist der THC-Gehalt unter 0,2 Prozent. Aber unserer wächst so schön, wie Gras.

Was würdet ihr anderen raten, die auch gerne Hanf in Tirol anpflanzen möchten?

Karin: Mutig sein und immer wieder hinterfragen, ob sie Freude haben. Wenn die Freude da ist, geht alles.
Michael: Wenn es sein soll, dann kommt das und dann soll derjenige einfach offen sein, es probieren, sich einfach trauen und nicht denken, was die anderen sagen.

Was ist für euch Alpine Lebensqualität?

Michael: Frische Luft nach einem Regen hier in den Bergen wenn die Sonne scheint. Das ist für mich ein Hammer. Das haben wir hier in Tirol.
Karin: Die Klarheit danach.
Michael: Ja genau. Gewaltig.

Macht euch der Klimawandel Sorgen?

Michael: Als ich Kind war, gab es die sieben guten und die sieben schlechten Jahre. Daran kann ich mich erinnern. In den letzten Jahren waren es immer nur gute Jahre, immer nur aufwärts, immer mehr. Ob es nun der Klimawandel ist oder etwas anderes – es kommt dann halt wieder etwas daher, ob das eine Dürre ist oder es nass ist. Wir bauen Hanf, Sonnenblumen, Mohn, Linsen, Dinkel, und so weiter an. Das eine Jahr passt voll für den Leinsamen, das andere für den Hanf. Wir sind breit aufgestellt und das braucht es heutzutage auch.
Karin: Wir wehren uns gegen die Angst, dann wird alles schwer und man hat auch keinen Mut mehr für irgendwas Neues.
Michael: So, wie der Betrieb jetzt läuft habe ich keine Angst. Wie’s geht geht’s. Vor fünf Jahren kam jemand, der wollte, dass wir Senf anbauen. Osttirol hat österreichweit am meisten Sonnenstunden. Es geht. Vielleicht ist das vor einigen Jahren noch nicht gegangen. So kommen neue Sorten zu uns

Weitere Informationen: Halbfurter

"Die Geschichte von Karin und Michael Halbfurter zeigt eindrucksvoll, wie Tradition und Innovation in der heimischen Landwirtschaft zusammenfinden. Mit ihrem Mut, neue Wege zu gehen, haben sie den Hanf als wertvolle Kulturpflanze für ihren Betrieb entdeckt und ihn mit viel Kreativität in ihre Arbeit integriert. 

Sie sind inspirierendes Beispiel für moderne Wertschöpfung in der Tiroler Landwirtschaft und eine Einladung an alle, die heimische Landwirtschaft mit neuen Ideen und enkeltauglichen Konzepten weiterzuentwickeln.

Denn Zukunft entsteht dort, wo Weitblick, Tatendrang und innovative Ideen aufeinandertreffen.“ 

 

Clemens Mair, stellvertretender Geschäftsführer der Agrarmarketing Tirol
Alexandra Keller

ist freie Journalistin und Autorin. Sie lebt und arbeitet in Innsbruck.