„Wir waren 2012 weltweit die dritte Brauerei, die die Abwärme aus dem Brauvorgang eingefangen und wieder genützt hat.“ Martin Lechner, der Geschäftsführer von Zillertal Bier, ist sichtlich stolz auf diesen Schritt, der die Privatbrauerei zum Vorreiter der Branche gemacht hat. Beim Brauen werden große Mengen Flüssigkeit erhitzt. Die dabei entstehenden Dampfschwaden werden eingefangen und erwärmen das Wasser für den nächsten Brauvorgang auf über 50 Grad. Damit muss keine weitere Primär-Energie zugeführt werden und der Betrieb spart 100.000 Kubikmeter Gas pro Jahr. Es ist nur eine von vielen Stellschrauben, an denen Lechner in Sachen Nachhaltigkeit dreht.
Jeder Schritt zählt
Wir stehen am Dach des neuen Produktionsgebäudes – dem Herzstück der Brauerei. Schwarze Paneele, soweit das Auge reicht. Die Photovoltaik-Anlage erstreckt sich über mehrere Hallendächer und bringt eine Leistung von rund 220 Megawattstunden pro Jahr. Die restliche Energie wird als zertifizierter Ökostrom bezogen. Aber auch beim Gärvorgang selbst wird nichts dem Zufall überlassen bzw. ungenutzt in die Luft geblasen. „Im Brauprozess entsteht Kohlensäure“, erklärt Martin Lechner, „allerdings viel mehr als es im Bier selbst braucht. Wir fangen diese überschüssige Kohlensäure ein und bereiten sie in einer eigenen Anlage auf. Mit dieser gewonnen Kohlensäure entleeren wir Tanks und verdrängen bei der Abfüllung den Sauerstoff, der dem Bier schaden würde. Einsparung allein durch diese Maßnahme: 200 Tonnen CO2 pro Jahr!
Regionalität sichert Zukunft
Martin Lechner ist überzeugt: „Diese Investitionen kosten zwar am Anfang viel Geld. Aber wir leben von einer intakten Natur und wertvollen Rohstoffen. Die wollen wir auch für unsere Kinder und Kindeskinder erhalten. Deshalb setzen wir alle Maßnahmen zur Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit konsequent um.“ Dazu gehört auch der klare Fokus auf Regionalität. So hat man begonnen auf alte Getreidesorten zu setzen. Die Fisser Imperial Gerste ist ein Beispiel – für deren Verwendung wurde die Brauerei sogar mit dem Gault&Millau-Award „Bestes Bierprojekt des Jahres“ ausgezeichnet. Überhaupt werden vorrangig Zutaten aus österreichischem und biologischem Anbau verwendet.
Regionalität heißt aber auch, dass man das eigene Marktgebiet bewusst überschaubar hält. Ein Radius von 150 Kilometern um die Brauerei sorgt für kurze Transportwege und vermeidet unnötige Emissionen. „Wir wollen und wir können nicht mit den großen, internationalen Brauereikonzernen wetteifern“, sagt Martin Lechner, „unsere Stärken sind die Regionalität und die besten Zutaten. Außerdem geben wir unserem Produkt Zeit, um seine beste Qualität zu entwickeln. Das ist für uns auch ein Aspekt, der wichtig ist, wenn wir im Einklang mit der Natur arbeiten.“
„Wir sind müllfrei“
Ein Produktionsbetrieb ganz ohne Abfall? Kaum vorstellbar. Und doch ist es Zillertal Bier gelungen auch hier Vorreiter zu sein. Auf Bierflaschen kleben normalerweise aluminiumbedampfte Etiketten – meist gleich drei Stück. Nach einmaligem Flaschengebrauch ein Fall für den Sondermüll. „Geht gar nicht“ hat man im Zillertal befunden und auf kompostierbares Naturpapier umgestellt. Bei 330.000 Etiketten pro Tag fällt so ein riesiger Sondermüll-Berg einfach weg. Zerbrochene oder angesplitterte Flaschen holt die Firma Swarco ab und macht daraus Glas für Verkehrsleit-Einrichtungen. Gebrauchte Kronenkorken landen in der Altmetall-Verwertung. So bleibt tatsächlich kaum noch Müll übrig, weil auch die Rückstände aus dem Brauprozess selbst von Bauern abgeholt und weiterverwendet werden.
Stichwort Flaschen: in Zell am Ziller werden ausschließlich Mehrweggebinde abgefüllt. Bis zu 50 Mal können Flaschen so wiederbefüllt werden. Für die Gastronomie, die in normalen Zeiten 80 Prozent der Gesamtproduktion abnimmt, kommen Fässer zum Einsatz. Auch die werden gereinigt und immer wieder befüllt.
Optimismus statt Jammern
Keine Frage – die Krise hat nicht nur die Gastronomie von einem Tag auf den anderen auf Null heruntergefahren. Als logische Folge haben sich auch in den Lagerhallen von Zillertal Bier die Fässer und Kisten bis unter die Decken gestapelt. Dass der große Umsatzträger Gastronomie weggefallen ist, hat die Brauerei schmerzlich gespürt. Doch es ist nicht die erste Krise, die man in der 500jährigen Geschichte meistern muss: „Klar hinterlässt so etwas Spuren, aber wir bleiben optimistisch. Und wir sehen noch einmal deutlicher, wie wichtig verantwortungsvolles Wirtschaften ist. Nachhaltigkeit und Regionalität rücken noch stärker ins Bewusstsein. Und ich bin überzeugt, dass das die Erfolgsrezepte für die Zukunft sind“, betont Martin Lechner.
Das neue BrauKunstHaus
Dass er Mut und Optimismus nicht nur predigt, sondern auch umsetzt, beweist Martin Lechner bei einem ersten Blick in das neue BrauKunstHaus. Tirol ist mit dem neu eröffneten BrauKunstHaus von Zillertal Bier um eine spannende Attraktion reicher. Auf einer Ausstellungsfläche von über 5.000 m² erwartet Besucher ein spannender und multimedial inszenierter Rundgang, der Einblicke in Tirols älteste Privatbrauerei in Zell am Ziller gibt. Von den einzigartigen Zutaten, über den Brauprozess und die Abfüllung bis hin zu den Traditionen und Einzigartigkeiten der Region sind auf drei Etagen Erlebnisse für alle Sinne geboten. Die Verkostung der Bierspezialitäten bildet den krönenden Abschluss. Dieses Bier schmeckt nicht nur nach einer einmaligen Komposition von Hefe, Hopfen und Malz – in diesen Flaschen sorgen auch Nachhaltigkeit und bewusster Umgang mit Ressourcen für eine ganz besondere Note.