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28.02.2025
Wirtschaft
Wissenschaft
Alexandra Keller
Edwin Meindl ist CEO und Gründer der Osttiroler Innovations-Schmiede MICADO. Luftfahrt- und Automobilunternehmen aus der ganzen Welt schätzen das Know-how des Unternehmens. Edwin Meindl schätzt die Berge und sagt: „Da fühle ich mich pudelwohl.“

Du bist ein professioneller Tüftler und Erfinder. Hattest du Vorbilder?

Edwin Meindl: Unser Stiegenhaus im Firmengebäude zieren einige der wichtigsten Erfinder, die ich im Laufe der Zeit bewundert habe. Angefangen von Leonardo da Vinci über James Watt, Henry Ford, Alan Turing, auch Steve Jobs. Ja, es gibt schon einige Erfinder, die mich begeistert haben.

Was in deren Köpfen – deine Helden haben mit universeller Genialität, der Dampfmaschine, dem Fließband, dem Knacken des Enigma-Codes und der Revolution der Computerindustrie die Welt verändert – fasziniert dich am meisten?

Edwin Meindl: Die Welt der Mechatronik, also meine Welt, ist sehr vielseitig. Leonardo da Vinci hat viele Beobachtungen gemacht und mechanische Strukturen analysiert. Henry Ford hat die Industrie revolutioniert oder Steve Jobs, der das Simplicity perfektioniert hat – das hat mich wirklich geprägt und begeistert.

Technikerköpfe wollen das Funktionieren der Dinge verstehen. Wie ist das bei dir?

Edwin Meindl: Die Kunst ist es, die Dinge einfach zu machen. Ich habe vorhin Steve Jobs erwähnt, der immer wieder Simplicity gepredigt hat und das ist auch im Bereich der Mechatronik sehr wichtig – die Dinge einfach zu machen. Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Das zeichnet die Firma MICADO auch aus, dass wir und mit einfachen Konzepten gegenüber den Mitbewerbern durchsetzen können.

Was war für dich der Trigger, MICADO zu gründen?

Edwin Meindl: Ich komme aus einer Unternehmerfamilie und da war es der logische Schritt, dass auch ich einmal mein eigenes Unternehmen gründe. Die Technik ist mir wirklich in die Wiege gelegt worden. All meine Vorfahren waren Schmiede. Meine Spielwiese in der Werkstatt meines Vaters war der Alteisenhaufen, wo wir Motoren und Getriebe zerlegt haben. Wenn man mal in dieser Welt drinnen ist, prägt einen das schon. Es war dann auch mein Ziel, mein eigenes Ding zu machen und das dann Step by Step erfolgreich aufzubauen.

Demnach waren deine ersten Schritte in die Technikwelt sprichwörtlich von Feuer geprägt?

Edwin Meindl: Ja, wenn ich zurückblicke – 1765 hat einer meiner Ururur-Großväter die Waffen- und Schmiedegerechtigkeit erworben und dann ist es diese Schmiedetechnik von Generation zu Generation weitergegeben worden. Auch ich habe das Handwerk des Kunstschmiedes erlernt und das Arbeiten mit Feuer und Eisen fasziniert mich heute noch. Ich bin mit meiner Ausbildung aber ein wenig abgedriftet, weil mich die Digitalisierung fasziniert hat. Mittlerweile habe ich ein mechatronisches Unternehmen, bin nicht so weit weg von einem Schmied und bezeichne mich als moderner Schmied.

Inspirierende Zitate motivieren allerorts im MICADO Gebäude

Unternehmer ticken anders. Wie tickst du?

Edwin Meindl: Ich würde sagen, dass ich sehr kreativ bin, sehr innovativ, auch sehr zielstrebig. Ich gehe sehr strukturiert an die Sachen heran und versuche, nichts dem Zufall zu überlassen.

Warum Osttirol?

Edwin Meindl: Meine Tochter war damals zwei Jahre alt und ich wollte wollte, dass sie in einem kleinen Dorf aufwächst.

Von Airbus über BMW hin zu RollsRoyce, Danone oder Fiat. Die ganze Welt kommt nach nach Oberlienz. Wie macht ihr das?

Edwin Meindl: Das ganze hat vor 26 Jahren angefangen. Wir haben mit ganz kleinen Projekten begonnen und sie mit Bravour umgesetzt. Step by step haben wir und von kleinen zu größeren und mittlerweile zu ganz großen Vorrichtungen vorgearbeitet und uns einen Namen gemacht. Mittlerweile wird immer, wenn’s schwierig oder kompliziert wird, bei der Firma MICADO angeklopft. Das ist schon sehr cool.

Was sind die schwierigen Fragen, die ihr löst?

Edwin Meindl: Das in wenigen Worten zu erklären ist nicht ganz einfach, weil die Projekte sehr komplex sind. Aber es geht vorrangig um den Bereich der Herstellung von Faserverbundbauteilen. Das ist die Welt, in der wir zu Hause sind. Aufgrund mangelhafter Fachbücher verfügen wir über ein spezielles Knowhow und haben uns da im Laufe der Zeit hochgearbeitet, altbewährtes neu gedacht und versuchen, das ständig weiterzuentwickeln.

Überall auf der Welt fliegen und flitzen MICADO-Teile in Flugzeugen oder Autos herum. Ein cooler Gedanke für dich?

Edwin Meindl: Ja, es ist immer wieder eine Genugtuung, wenn man vor einem Flieger steht – wie einer A320 und sieht, wo die Hydraulik der Landeklappen versteckt ist und weiß, dass wir die Spannvorrichtung für dieses Projekt gebaut haben. Oder, wenn auf der Straße ein Porsche vorbei fährt, für den wir den Spoiler entwickelt und die Werkzeuge und Vorrichtungen dafür gebaut haben. Es ist schon ein sehr sehr schöner Gedanke, dass wir dazu beigetragen haben, dass dieses Flugzeug oder Auto in Bewegung ist.

Flugtaxis bei Micado, bisher nur auf der Wand. Aber vielleicht bald Realität?

Flugtaxis: bisher nur als Gemälde an der Wand, aber vielleicht bald in der Realität?

Flugtaxis sind ein großes Thema für MICADO. Wie fliegt sich’s in so einem Taxi?

Edwin Meindl: Ich bin leider noch nie selber geflogen, aber die Thematik ist sehr spannend. Wenn man schaut, was auf den Straßen los ist – überall Verkehrsstaus. Ich denke dass die Flugtaxis dazu beitragen werden, dieses Problem zu lösen. Aktuell gibt es mehr als 100 Startups, die sich mit dem Thema Flugtaxi beschäftigen – mit unterschiedlichen Konzepten. Wir sind mit sechs Firmen in Kontakt, für die wir schon Werkzeuge und Vorrichtungen gebaut haben. Die Technik ist vielversprechend, es wird ein bisschen dauern, bis sich die Techniken durchgesetzt haben. Aber meiner Meinung nach ist das ein absolutes Zukunftsthema.

Welche Projekte reizen dich persönlich am meisten?

Edwin Meindl: Mich reizen am meisten Projekte, wo andere gescheitert sind. Wenn es wirklich schwierig wird, herausfordernd. Man kann dann anders denken, neu denken. Das ist auch ein Teil unseres Firmenslogans – rethinking technology – neu denken, anders denken. Das ist immer wieder ein Reiz.

Ist es schwer, Dinge anders sehen? Muss man dafür in die Berge gehen?

Edwin Meindl: Um zu abstrahieren in die Bergwelt zu gehen – würde ich jedem empfehlen, das zu tun. Meine Mitarbeiter:innen und ich sind sehr viel in der Bergwelt unterwegs. Da fallen uns immer wieder gute Ideen ein.

Das heißt, MICADO würde es im Ruhrpott nicht so geben?

Edwin Meindl: Das ist eine schwierige Frage. In dieser Gegend bin ich recht selten. Aber ich möchte nicht tauschen. Ich fühle mich sehr wohl in Osttirol, pudelwohl auch in unseren Bergen.

Auf welche Erfindung bist du besonders stolz?

Edwin Meindl: Wir haben vor fünf, sechs Jahren einen ganz lässigen alpinen Scooter entwickelt mit einem patentierten Seil-Klapp-Konzept. Der Clou an dieser Idee ist, dass man mit einem sehr leichten Scooter den Berg hinauf gehen kann – er ist hinten auf einer Trage, einem Rucksack montiert. Innerhalb weniger Sekunden hat man das zusammengebaut und kann ganz lässig elegant den Berg runterfahren. Ich denke, dass das nicht nur mir Spaß machen wird, sondern dass wir viele Sportbegeisterte damit erfreuen werden.

Auch Fortbewegungsbegeisterte in Städten?

Edwin Meindl: Es gibt auch ein Konzept, unseren Alpinscooter zu elektrifizieren. Mit einem öffentlichen Verkehrsmittel kombiniert, kann das schon sehr viel Potenzial haben.

Was würdest du jungen Erfinder:innen raten?

Edwin Meindl: Man kann sehr viele Dinge neu denken und neu erfinden. Viele Erfinder:innen machen den Fehler, Produkte zu erfinden, wo kein Markt dahinter ist. Wenn ich einen Rat geben darf, dann sollen sich Erfinder:innen mit jemandem zusammensetzen, der schon einmal eine Erfindung erfolgreich auf den Markt gebracht hat und vielleicht erzählt, dass es auch Niederlagen gibt. Wichtig ist, an die Idee zu glauben und dran zu bleiben. Es ist schon ein steiniger, mühsamer Weg.

Dann kann man das Rad doch neu erfinden?

Edwin Meindl: Die Technik schläft nie.

Edwin Meindl vor dem modernen Firmengebäude in Oberlienz.

Was magst du lieber – die Berge oder das Meer?

Edwin Meindl: Ich mag beides. Aber, wenn ich es mir aussuchen kann, die Berge. Das Meer gibt mir die Ruhe, die Berge geben mir Kraft.

Sushi oder Kaspressknödel?

Edwin Meindl: Ich mag auch beides. Aber wenn ich es mir aussuchen darf, mag ich lieber die Kaspressknödel.

Welches Osttiroler Dialektwort magst du am liebsten?

Edwin Meindl: Das ist die Holzkrede. Es war ganz witzig, im Zuge einer Firmenfeier hat sich aufgetan, dass es in Osttirol sechs bis sieben verschiedene Begriffe für das Spaltholz gibt.

Welche typische (Ost-)tiroler Eigenschaften stecken in dir?

Edwin Meindl: Das Naturverbundene, das verwurzelt sein in die Region. Über dem Tellerrand zu schauen ist eine eher untypische Eigenschaft für Osttirol, doch auch das zeichnet mich aus. Ich bin immer wieder gerne im Ausland. Nicht nur in Tirol oder Osttirol ist es schön. Es ist wichtig, das zu wissen.

Welcher andere Beruf wäre für dich in Frage gekommen?

Edwin Meindl: Industriedesign hätte mich immer gereizt und reizt mich nach wie vor. Durch meine Lehre als Kunstschmied hat mich das Ästhetische, das Schöne begeistert. Ich kann auch sehr gut Handzeichnen – deswegen hätte der Beruf des Industriedesigners zu mir gepasst. Unsere Kunden sind immer angetan, wenn eine Maschine schön ausschaut.

Was ist für dich Alpine Lebensqualität?

Edwin Meindl: Hinters Haus zu gehen, die Bergschuhe anzuziehen und auf den Berg hinaufzugehen oder mit dem Mountainbike in unmittelbarer Nähe eine tolle Tour zu machen. Wirklich die Natur zu spüren und dass ich nicht weiß Gott wie lang zum Skifahren anreisen muss, finde ich sehr sehr schön.

Hast du einen Lieblingswitz?

Edwin Meindl: Für einem Lieblingswitz brauche ich immer ein Glas Wein. Das habe ich heute noch nicht getrunken.

Hast du ein Lieblingsmotto?

Edwin Meindl: Geht nicht, gibts nicht.

 

Weitere Informationen: Micado

"Durch den Spirit, den das Unternehmen Micado Smart Engineering und er versprühen, merkt man, welche Innovatoren in Tirol ansässig sind.

Die Mechatronik spielt in vielen Unternehmensbereichen eine Rolle, ist aber auch durch andere Cluster wie IT, Life Sciences, kreativland.tirol und die erneuerbaren Energien stark beeinflusst bzw. befindet sich dort in Wechselwirkung, keiner kann ohne den anderen.

Diese Synergien und die enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Clustern tragen maßgeblich zur Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Region Tirol bei."


 

Ing. Andreas Herbst, Experte in der Standortagentur Tirol, Cluster Mechatronik Tirol 
Alexandra Keller

ist freie Journalistin und Autorin. Sie lebt und arbeitet in Innsbruck.